Was ist das und warum wird ICSI angewendet? Noch wichtiger zu wissen wäre, für wen ist ICSI das Richtige?
Darunter finden Sie 3 aufgezeichnete Antworten von 3 IVF Experten.
Antworten von González Dosal
Pilar González Dosal, IVF-Spain Madrid (früher ProcreaTec), Spanien
Die Intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI) ist die Einspritzung eines einzelnen Spermas in jede einzelne reife Eizelle. Man nutzt Mikromanipulationsgeräte und Mikroskop für diese Technik. Es ist sicher und wird standardmäßig von Embryologen (m/w) angewendet.
Nach der Eizellentnahme bereiten wir die Eizellen so vor, dass wir die Zellen um die Eizelle entfernen. Diesen Prozess nennt man „Entkumulierung“. So können wir die reifen Eizellen finden – reife Eizellen sind für ICSI erforderlich. Gleichzeitig bereiten wir die Samenprobe vor. Wir suchen das beste Sperma – Morphologie und Beweglichkeit – bevor wir die Mikroinjektion durchführen können. Nachdem alles bereit ist, beginnen wir mit dem Eingriff. Der ganze Prozess findet ca. 4 Stunden nach der Eizellentnahme statt. Am Tag darauf prüfen wir die Eizellen und schauen welche befruchtet wurden.
Am Anfang wurde ICSI entwickelt, damit man den männlichen Faktor bei Unfruchtbarkeit behandeln kann. Heute wird diese Technik am häufigsten bei künstlicher Befruchtung genutzt. ICSI ist ein routinemäßiger Eingriff bei allen Kinderwunschzentren der Welt und wird ungefähr bei 80% aller IVF Behandlungen angewendet.
Durch ICSI ist die Befruchtungsquote hoch (ca. 80%), was zu Embryonen mit hoher Qualität und hohen Schwangerschaftsquoten führt. Diese Technik ist unerlässlich bei männlichem Faktor, weil die Befruchtung der Eizelle bei niedriger Spermienqualität nicht ohne Hilfe stattfinden kann.
Es gibt auch andere Situationen in denen ICSI angebracht ist: z. B. wenn das Sperma durch testikuläre Aspiration oder einer Biopsie gewonnen wurde, denn in diesen Fällen ist meist wenig Samen vorhanden. ICSI ist auch bei verglasten oder gefrorenen Eizellen erforderlich. Vor der Verglasung müssen wir die Eizellen dekumulieren was eine konventionelle IVF unmöglich macht. Außerdem ist ICSI notwendig wenn man eine PGT Untersuchung macht, weil hier die Entfernung aller Zellen um die Eizelle notwendig ist, so dass die Biopsie nicht kontaminiert wird.
Ein Vorteil von ICSI ist, dass wir Befruchtungsversagen vermeiden können, da das Sperma direkt in das Zytoplasma der Eizelle gespritzt wird. Das kann bei konventioneller IVF nicht passieren, selbst wenn man Normozoospermien hat. Aus diesem Grund sollte man zu ICSI raten, wenn man wertvolle Spermien und Eizellen nutzt, die z.B. wegen Krebs oder anderen gesundheitlichen Problemen aufbewahrt wurden.
Antworten von Dr Walker
Dr Victoria Walker, Institut Marquès, Spanien
Was ist ICSI und brauche ich es für meine IVF? Stellen Sie sich eine Frau während der IVF Behandlung vor. Wenn wir ihre Eizellen entnehmen, haben wir zwei Befruchtungsoptionen. Die erste Option ist: wir bringen Eizellen und Samen in einer Petrischale zusammen und schauen bei der natürlichen Befruchtung zu. Die Alternative ist: wir analysieren die Samenprobe unter dem Mikroskop und suchen ein einzelnes Sperma, das am Besten aussieht. Wir würden nach einem Sperma schauen, dass eine normal Form hat – einen Kopf, nicht zu groß, nicht zu klein, einen Schwanz, nicht zwei oder drei – schnell schwimmt und nicht stehenbleibt, etc. Dann nehmen wir dieses Sperma und spritzen es direkt in die Eizelle. Die zweite Option heißt ICSI.
ICSI wurde eigentlich für Männer mit schlechter Samenqualität entwickelt und wird heute immernoch aus diesem Grund angewendet. Aber heute nutzen viele Kliniken ICSI, um die Befruchtungsquoten in allen Fällen zu verbessern. Vor noch zehn, fünfzehn Jahren dachten Experten, dass seltene Anomalien bei Kindern die mit Hilfe von IVF geboren wurden, durch ICSI ausgelöst werden. Aber man merkte schnell, dass ICSI keine Schuld trägt. Die Defekte werden von abnormalen Spermien ausgelöst. Diese Technik ist keinesfalls problematisch.
Wer sollte es anwenden? Wie ich schon sagte, man nutzt es hauptsächlich bei Männern mit niedriger Samenqualität, und auch bei denen, die keine Spermien im Ejakulat haben, aber Spermien im Hoden vorhanden sind. Es gibt auch weibliche Faktoren, bei denen ICSI angebracht ist. Zum Beispiel bei Frauen die bei einer IVF Behandlung nur ein oder zwei Eizellen produzieren, erhöht ICSI die Befruchtungsquote. Frauen, die Eizellen mit sehr dichten Zellhäute haben, wären auch gute ICSI Kandidatinnen. Generell würden wir allen ICSI raten, die bei konventioneller Befruchtungsmethode keinen Erfolg hatten, aber auch denen, die mehrere IVF Zyklen ohne Erfolg gemacht haben. Patienten, die den PGT-A Test machen möchten, sollten auch ICSI anwenden, da die Maximierung der Embryonen eine Prioriät ist.
Antworten von Dr Arqué
Dr Maria Arquè, Fertty International, Spanien
ICSI ist eine Labortechnik – der Name ist ein Akronym für „Intrazytoplasmatische Spermieninjektion“. Immer wenn wir einen IVF Zyklus durchführen, gibt es zwei Wege zur Eizellbefruchtung. Eine Methode heißt „konventionelle IVF“ bei der wir die Eizelle in eine Petrischale mit Spermien hinzufügen und der Natur ihren Lauf lassen. ICSI ist die zweite Methode: bei ICSI suchen wir das beste Sperma manuell aus (mit der besten Morphologie und Beweglichkeit) und spritzen es direkt in die Eizelle ein.
Es ist schwierig ICSI zu empfehlen, wenn man nicht die einzelnen Hintergründe kennt – für manche Patienten ist das eine oder andere besser. Generell sollte ICSI immer bei Fällen mit niedriger Samenqualität angewendet werden oder im Fall des Befruchtungsversagens. Sonst kann das eine genauso gut wie das andere sein. Gewöhnlich ist es die Aufgabe des Biologen (m/w) im Labor diese Entscheidung auf Grund der Samenqualität und der Eizellen zu treffen.